21 Aug Richtig atmen – Buteyko Atemtherapie – mit Buchtipp
Bild: Motoki Tonn / Unsplash / CC BY-SA 2.0
Wie atmen Sie? Flach oder fließend? Bewegt sich mehr Ihr Bauch oder Ihre Brust beim Atmen? Atmen Sie mehr durch die Nase oder durch den Mund? Unsere Atmung ist sehr wichtig. Sie beeinflusst unser Nervensystem, Hormone, Herz-Kreislaufsystem etc. Ohne Atmung sterben wir recht schnell.
Auf der Suche nach einer Atemmethode, die sich entspannend auf das vegetative Nervensystem auswirkt bin ich zufällig das Buch „Erfolgsfaktor Sauerstoff“ gestoßen. Dieses Buch ist eine Pflichtlektüre für alle, die Atmen.
McKeown, Patrick:
Erfolgsfaktor Sauerstoff : Wissenschaftlich belegte Atemtechniken, um die Gesundheit zu verbessern und die sportliche Leistung zu steigern.
München: Riva, 2018.
ISBN 978-3-95971-967-4
Die darin vorgestellte „Buteyko-Methode“ bietet einen völlig anderen Ansatz als fast alle sonstigen Atemtechniken, die unermüdlich dazu anregen, mehr und tiefer einzuatmen. Man bekam dadurch den Eindruck „Je mehr Sauerstoff eingeatmet – und je mehr Kohlendioxid ausgeatmet! – wird, desto gesünder werden wir“… Offenbar ist genau das allerdings grundverkehrt! Gewohnheitsmäßig ist nicht unbedingt effizient! Das Besondere ist nicht nur die Art der Atmung (reduziert) sondern auch, dass eine reine Nasenatmung angestrebt wird.
Buteyko Atemtherapie – was ist das?
Der in Kiew geborene Arzt Prof. Konstantin Pavlovich Buteyko (1923 – 2003) wurde während seiner Ausbildung dazu eingeteilt, sich mit der Atmung von sterbenden Patienten zu beschäftigen und ihr Atemverhalten vor dem Tod aufzuzeichnen. Bei allen Patienten vertiefte sich die Atmung beträchtlich, wenn der Tod näher kam. Insbesondere machte er dabei die verblüffende Entdeckung, dass er mit großer Genauigkeit aus dem Atemverhalten eines Todkranken seinen Todeszeitpunkt vorhersagen konnte. Er erkannte, wie die Intensität unserer Atmung direkt mit unserem Wohlbefinden gekoppelt ist. Dies beeindruckte ihn nachhaltig.
Nach beenden der Studiums forschte er weiter. Er bat gesunde Personen, eine gewisse Zeit tief zu atmen. Die Leute entwickelten Symptome wie Schwindel, Übelkeit, Keuchen, Husten und sie fielen sogar in Ohnmacht.
So stellte er fest, dass zahlreiche Atemwegs- und sonstige Erkrankungen ebenfalls mit der Atmung zusammenhängen. Das interessante dabei ist, dass es nicht etwa zu geringe Atmung ist, die die Beschwerden hervorruft, sondern im Gegenteil zu tiefe Atmung.
Buteyko beschäftigte sich eingehend mit der Biochemie, die sich hinter der Atmung verbirgt, und kam zu der eigentlich naheliegenden Schlussfolgerung, dass der Körper durch zu intensive Atmung zu viel Kohlendioxid verliert. Kohlendioxid, das nach landläufiger Ansicht ein Gift ist, das so schnell wie möglich über die Lungen abgeatmet und durch Luftsauerstoff ersetzt werden sollte, hat im Körper sehr wichtige Aufgaben.
Kohlendioxid …
- … ist Bestandteil von vielen wichtigen Stoffwechselprozessen im Körper.
- … sorgt durch den Bohr-Effekt dafür, dass Sauerstoff besser in den Zielzellen aufgenommen werden kann. Und zwar folgendermaßen:
Sauerstoff wird durch das Protein Hämoglobin im Körper herum transportiert und wird aus dem Blut abgeben, damit er den Zellen zur Verfügung steht. Wenn man genug Kohlendioxid zu sich nimmt, kann der aufgenommene Sauerstoff im ganzen Körper effektiver aus dem Hämoglobin freigesetzt werden und somit an Muskeln und Organe abgegeben werden. Dies nennt man den „Bohr-Effekt“.
Nur wenn die Kohlendioxidkonzentration stimmt, kann Hämoglobin Sauerstoff freisetzen. Wenn wir überatmen (Mangel an Kohlendioxid), hält das Hämoglobin den Sauerstoff fest, dies führt zu einer verminderten Sauerstoff Abgabe an Gewebe und Organe. - … entspannt die glatte Muskulatur an den Wänden der Atemwege und Blutgefäße.
- … reguliert den Blut-pH-Wert.
- … ist an der Bildung von Kortisol beteiligt und unterstützt somit das Immunsystem.
Buteyko entwickelte unter anderem eine Methode um die Atmung eines Patienten schnell und effektiv zu messen und falls nötig zu rekonditionieren, also das Atemzentrum wieder richtig einzustellen.
Für wen ist Buteyko-Atmung – und damit das Buch – geeignet?
Worauf unsere Atmung alles so einwirkt bei unserer Gesundheit ist krass. Schon Kinder atmen falsch und die meisten Erwachsenen sowieso. Die Buteyko-Atmung ist für Menschen die:
- viel seufzen,
- Trainingserfolge und Gesundheit optimieren und verbessern wollen,
- Stress haben und schlecht zur Ruhe kommen,
- unter Schlafstörungen wie z.B. Störungen beim Einschlafen oder Durchschlafen leiden.
Therapeutisch wird die Buteyko-Methode bzw. Buteyko Atemtherapie bei folgenden Krankheiten und Beschwerden erfolgreich eingesetzt:
- Asthma
- chronisch verstopfte Nase (Rhinitis)
- Heuschnupfen
- chronische Nebenhöhlenentzündung (Sinusitis)
- Allergien
- ungeklärte Atemnot
- erhöhte Infektanfälligkeit
- Panik- und Angstattacken
- Bluthochdruck (Vorsicht: hier dürfen nicht alle Übungsvarianten angewendet werden!)
- Schlafapnoe
- Migräne
- unspezifische stressbedingte Gesundheitsstörungen
Buteyko Atemtherapie – Mund- vs. Nasenatmung
Auch wodurch wir Atmen, ob durch Mund oder Nase hat einen Einfluss auf unseren Körper und unsere Gesundheit.
Mundatmung
Wenn Kinder und Jugendliche 5 – 10 Jahre den Mund geöffnet und das Kiefer locker hängen lassen, kommt es zu starken Veränderungen des Gesichts. Nasenatmung unterstützt die Entwicklung von Gesicht, Kiefer und Atemwegen.
Die möglichen Folgen von Mundatmung bei Heranwachsenden:
- schmale Kiefer
- schiefe Zähne
- eingefallene Wangenknochen
- verkleinerte Nasenhöhle
- ein höheres Risiko, eine vorgestreckte Kopfhaltung und Atemkapazitätsreduktion zu entwickeln.
Weitere Folgen von Mundatmung (auch bei Erwachsenen):
- führt zu Brustatmung, tieferen Atemzügen und die möglichen Folgen sind weniger Sauerstoffaufnahme im Blut. Das kann Energiemangel, Konzentrationsschwäche und Stimmungsschwankungen auslösen.
- trägt zur Dehydration bei.
- trocknet den Mund während dem Schlaf aus. Dies steigert die Übersäuerung des Mundes und führt zu mehr Karies und Zahnfleischerkrankung.
- verändert die Bakterienflora, was zu Mundgeruch führen kann.
- verstärkt das Schnarchen und führt zu obstruktiver Schlafapnoe.
Nasenatmung
Wie wirkt die Nasenatmung mit der Buteyko Atemtherapie?
Nasenatmung…
- … führt zu 10 – 20 % mehr Sauerstoffaufnahme.
- … wärmt und befeuchtet die Luft die durch die Nase einströmt
- … fängt viele Keime und Bakterien aus der Luft ab
- … während dem Training hilft einen aeroben Trainingseffekt zu erzeugen
- Die innere Nase ist ein Speicher für Stickstoffmonoxid (NO), ein wichtiges Gas um gesund zu bleiben.
„Die Nase ist zum Atmen und der Mund zum Essen und Sprechen da.“
Wen Sie jetzt neugierig geworden sind, können Sie sich einen ORF Beitrag zur Buteyko Atmung ansehen.
Buteyko – mein Fazit
Ich habe schon verschiedene Atemtechniken versucht, um zum Beispiel besser entspannen und schneller einschlafen zu können. Keine der Techniken nutzte, auch nicht tiefes gleichmäßiges Atmen nach verschiedenen Anleitungen. Als ich die Buteyko-Methode zum ersten Mal versuchte, wurde ich innerhalb von Minuten ruhig und entspannt. Das hat mich sehr überrascht und absolut überzeugt! Das Wohlbefinden steigt kontinuierlich, auch die Ausdauer im Sport.
Natürlich lässt sich nicht von heute auf morgen die Atmung verändern, die man ein Leben lang ausübt. Disziplin, Durchhalten und konsequentes Anwenden der Übungen im Buch ist angesagt, um das Atemzentrum neu zu programmieren. Übung macht den Meister! Dies Training wird bereits im Training von Spitzensportlern hin und wieder angewandt und ähnelt dem Apnoeatmen der japanischen Taucher, die ja bekanntlich sehr alt werden. Möglicher Weise ist es also wirklich gesund?
Obwohl das Buch manchmal etwas zu lang(atmig) ist, absolute Leseempfehlung, der Inhalt lohnt sich unbedingt! Man findet darin alle nötigen Übungen ausführlich erklärt. Ich kann die Buteyko Methode – und damit das Buch – wärmstens empfehlen.
Quelle:
McKeown, Patrick: Erfolgsfaktor Sauerstoff : Wissenschaftlich belegte Atemtechniken, um die Gesundheit zu verbessern und die sportliche Leistung zu steigern. München: Riva, 2018. ISBN 978-3-95971-967-4
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